In der energie- wie auch gesellschaftspolitischen Diskussion bezüglich der gegenwärtigen und zukünftigen Energieversorgung fällt immer wieder der relativ brisante Begriff „Atomausstieg“. Was im Volksmund eher umgangssprachlich und insbesondere als politisches Schlagwort der Anti-Kernkraft-Bewegung als Atomausstieg bezeichnet wird, bedeutet im Grunde nichts anderes als die mittel- bis langfristige Beendigung der zivilen Nutzung von Kernspaltung für die Energiegewinnung in Kernkraftwerken. Die praktische Umsetzung eines solchen Atomausstiegs besteht darin, keine neuen Kernkraftwerke zu bauen und die in Betrieb befindlichen Anlagen bereits vor dem technisch bedingten Ende ihrer jeweiligen Lebensdauer zu schließen.
In diesem Post soll nun kein Plädoyer für oder gegen die Nutzung von Kernkraft für Energiegewinnungszwecke gehalten werden. Vielmehr sollen nachfolgend einige der in der Diskussion am häufigsten hervorgebrachten Argumente für und gegen die Energiebereitstellung aus Kernkraft dargelegt werden.
Als Argumente für einen Ausstieg werden in diesem Zusammenhang im besonderen genannt:
- die Emission radioaktiver Strahlung als potenzielle Gefahr für Mensch und Umwelt
- das Entstehen radioaktiven Abfalls als Belastung der Umwelt und wiederum als mögliche Gefahrenquelle für Mensch und Umwelt
- Terror- bzw. Mißbrauchsgefahr (z. B. für militärische Zwecke) [1] und die Anfälligkeit ggü. Naturkatastrophen (z. B. Erdbeben)
Als Argumente gegen einen solchen Ausstieg werden im wesentlichen angeführt:
- Umweltschutz durch eine weitgehend CO2– und schadstofffreie Energieproduktion
- eine der kostengünstigsten Varianten der konventionellen Energieerzeugung bei höchster Verfügbarkeit
- Kernkraft als „erneuerbare“ Energiequelle bei Anwendung von Brennstoffrezyklierung in Form sogenannter Brutreaktoren („Brüter“) [2]
Ob man nun für oder gegen Kernkraft Partei ergreift – es ist und bleibt ein relativ sensibles Thema, das energie- und gesellschaftspolitisch wie kein anderes polarisiert. Einerseits werden potenzielle Gefährdungen für Mensch und Umwelt gesehen, andererseits trägt die zivile Kernkraftnutzung massiv zu einer vergleichsweise kostengünstigen, zukunftsfähigen, sicheren und CO2-neutralen Energieversorgung bei. Dies sollte insbesondere vor dem Hintergrund der stetigen Verringerung der natürlichen Ressourcen an den konventionellen fossilen Energieträgern (Kohle, Erdöl und Erdgas) bei einem gleichzeitig ständig zunehmenden Energiebedarf auf der Welt (Stichwort globale Energieabhängigkeit) berücksichtigt werden. Zusammen mit den erneuerbaren Energieträgern wie Wind, Wasser oder Biomasse kann Kernenergie somit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg in die regenerative Energiewirtschaft leisten.
[1] An dieser Stelle ist anzumerken, dass die heute in den OECD-Ländern zum Einsatz kommenden Reaktoren weitestgehend große Unfallrisiken vermeiden und technisch nicht z. B. mit dem in Tschernobyl (Ukraine) betriebenen RBMK-Reaktor (russ.: Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalny ≈ Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen) vergleichbar sind.
[2] Die Vorräte an natürlichem Uran sind jedoch begrenzt. So wird die sogenannte statische Reichweite (= aktuelle globale Vorräte ÷ aktuelle Weltjahresproduktion) der weltweiten Uranvorkommen derzeit auf etwa 25 bis 166 Jahre geschätzt. Die anschließend o. g. Verfahren der Brennstoffrezyklierung würde die Versorgungssicherheit durch Atomkraft allerdings für mehrere tausend Jahre gewährleisten.