In einem früheren Artikel wurde auf die Problematik der Energieimportabhängigkeit Deutschlands eingegangen. Im Zusammenhang mit dem in den vorangehenden Beiträgen thematisierten Offshore-Bereich soll an dieser Stelle nun die einzige deutsche Offshore-Plattform zur Bohrung nach und Förderung von Erdöl vorgestellt werden, die durch die damit einhergehende Ölproduktion einen Teil zur inländischen Energieversorgung beiträgt und somit die Importabhängigkeit Deutschlands zu einem gewissen Anteil verringert.
In der deutschen Nordsee vor der Westküste Schleswig-Holsteins liegt die Bohr- und Förderinsel „Mittelplate A“ im gleichnamigen Ölfeld, dem größten Erdölvorkommen Deutschlands. Sie wurde im Jahr 1987 auf einer Sandbank im ebenfalls gleichnamigen Wattgebiet erbaut. Bis Oktober desselben Jahres wurden die ersten Pilotbohrungen niedergebracht und seit mittlerweile Dezember 1987 erfolgt die kontinuierliche Ölförderung und -herstellung. Betriebsführer der Bohr- und Förderinsel ist die RWE Dea AG, Hamburg, als Folgegesellschaft der Deutschen Erdöl AG (DEA), Berlin; beteiligter Konsortialpartner ist der derzeit größte deutsche Erdöl- und Erdgasproduzent, die Wintershall Holding GmbH, Kassel.
Seit der IBN der Offshore-Plattform vor 25 Jahren wurden bislang etwa 27 Mio. t Erdöl produziert; weitere 23 Mio. t gelten unter den bestehenden Gegebenheiten derzeit als technisch und wirtschaftlich gewinnbar. Die durchschnittliche Jahresfördermenge beläuft sich auf knapp 1,5 Mio. t/a, das vermutete Fördermaximum lag im Jahr 2003 bei ca. 2,3 Mio. t (vgl. zum energiepolitischen Hintergrund auch den Artikel „Gegenwärtige und zukünftige globale Energieprobleme I“). Bei der Förderung von Erdöl respektive bei der Spaltung von Mineralölen bei hohen Temperaturen fällt als Kuppelprodukt standardmäßig auch sogenanntes Ölgas (auch: Fettgas) an, das zur teilweisen Deckung des Elektrizitätsbedarfs der Plattform genutzt und dort somit direkt verstromt wird.
Bis zum Jahr 2005 wurde das geförderte Erdöl mit sogenannten Leichtern zum Ölhafen in Brunsbüttel gebracht; seitdem wird der Transport per Schiff durch eine 10 km lange und 25 cm Durchmesser starke, durch das Wattgebiet führende Pipeline mit Anlandepunkt in Friedrichskoog, Schleswig-Holstein, ersetzt. Neben dem Offshore-Betrieb existiert seit dem Jahr 2000 auch eine Onshore-Förderung zur Erschließung der östlichen Teile des bedeutendsten deutschen Ölfeldes, die insgesamt sieben horizontale Richtbohrungen mit einer Länge zwischen 7 und 9 km von der schleswig-holsteinischen Küste aus umfasst.
Neben der mit der Eigenproduktion einhergehenden Reduktion der Energieimportabhängigkeit Deutschlands sowie der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region wurde mit der IBN der o. g. Pipeline der bis dato zum Öltransport anfallende Schiffsverkehr ersetzt und die damit einhergehenden Emissionen und Risiken (z. B. von Leckagen, Havarien oder gar Katastrophen) im Sinne des gebotenen maritimen Umwelt- und Naturschutzes vermieden.
Dennoch bedingt die Ölgewinnung durch die Insel „Mittelplate“ hohe Anforderungen an eine umweltgerechte Rohstoffgewinnung, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Plattform vor der Dithmarscher Küste am südlichen Rand des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (seit 2009 Weltnaturerbe der UNESCO) liegt, und ihre Pipeline die höchste Schutzzone des Nationalparks durchquert. Auch die von der Bohrinsel und ihrer Peripherie ausgehenden potenziellen und reellen stofflichen wie nicht-stofflichen Emissionen auf die maritime Umwelt und Meeres- bzw. Wattenmeerfauna müssen dabei beachtet werden.
Nähere Informationen zur Erdölförderung durch die Offshore-Plattform „Mittelplate“ im schleswig-holsteinischen Wattenmeer bietet die zugehörige Internetseite http://www.mittelplate.de. Die unten stehende Abbildung stellt die Bohr- und Förderinsel schematisch dar (Quelle: RWE AG, Essen).