In den beiden vorangegangenen Beiträgen „Die Hochspannungs-Gleichstromübertragung bei Offshore-Windparks“ und „Die elektrische Verbindung zwischen Offshore-Windpark und Verbundnetz“ wurde die sogenannte Thyristortechnologie bereits angesprochen, die in diesem Artikel nun etwas näher betrachtet werden soll.
Denn die Thyristortechnologie beinhaltet einige Nachteile, die bei der Konzeptionierung einer HGÜ nicht vernachlässigt werden dürfen. So werden bspw. durch die Erzeugung von Oberschwingungsströmen große Filtersysteme notwendig. Ein weiterer Aspekt ist, dass Blindleistung in diesem System nicht erzeugt und v. a. nicht ausgeregelt werden kann; Thyristorwechselrichter benötigen grundsätzlich induktive Blindleistung, deren Größe von der übertragenen Wirkleistung abhängt. Dadurch werden wiederum bereits angesprochene, aus Kondensatoren und Phasenschiebern bestehende Kompensationsanlagen notwendig.
Ein weiterer Nachteil besteht in der Tatsache, dass Thyristorwechselrichter netzgeführt und daher nicht in der Lage sind, ein geeignetes Wechselspannungssystem aufzubauen; sie können Ströme jedoch nur in ein solches, bereits vorhandenes System einspeisen. Für die Verwendung in Offshore-Windparks ist deshalb eine entsprechende Einrichtung erforderlich, die ein derartiges geeignetes Wechselspannungssystem selbständig aufbaut. Für Offshore-Windenergieanlagen mit direkt netzgekoppelten Asynchrongeneratoren müssten deshalb zusätzlich z. B. große Phasenschieber mit Synchrongeneratoren installiert werden, um ein solches Wechselspannungssystem aufbauen zu können.
Drehzahlvariable, maritime Windenergieanlagen auf der Grundlage einer neuen PWM-Wechselrichtertechnologie ermöglichen demgegenüber von sich aus den selbständigen Aufbau eines Wechselspannungssystems, so dass diese Windkraftanlagen auch ohne zusätzliche Einrichtungen an einem auf Thyristortechnologie basierenden HGÜ-System betreibbar wären. Die Abbildung „Die Hochspannungs-Gleichstromübertragung bei Offshore-Windparks“ zeigt in diesem Kontext schematisch die formale Wirkungs- bzw. Funktionsweise einer HGÜ, wobei die erforderlichen Gleich- und Wechselrichtungen mit Hilfe sog. Thyristorbrücken vorgenommen werden. An beiden Seiten, offshoreseitig am Windpark und landseitig an der Umspannstation, sind, wie bereits erwähnt, jeweils geeignete Kompensationseinrichtungen vorzusehen. Oberschwingungen werden dabei durch entsprechende Filteranlagen reduziert. Der offshoreseitige Wechselrichter, die zugehörigen Kompensationsanlagen, Filter u. ä. könnten im übrigen auf der gleichen Plattform, auf der auch die Umspannstation eingerichtet ist, installiert werden.
Evtl. könnte des weiteren auf den Transformator der Offshore-Umspannstation verzichtet werden, sofern der zentrale Kommutierungstransformator die Spannung von der Mittelspannungsebene zudem auch auf die erforderliche Hochspannung transformiert. Alle Einrichtungen auf dieser Offshore-Plattform müssen weiterhin in geeigneter Weise vor den Witterungseinflüssen auf See entsprechend geschützt werden, wodurch es nötig werden kann, den Wechselrichter z. B. in klimatisierten oder isolierten Räumen zu betreiben.
Z. Zt. liegen die höchstmöglichen bzw. -zulässigen Spannungen für eine HGÜ auf der Basis einer Thyristortechnologie mit Seekabelverbindungen bei etwa 450 kV, wobei Systeme mit ≥ 500 kV bereits in Planung sind. Erste HGÜ mit dieser neuen Technologie sind bereits probeweise installiert worden, so z. B. auf der schwedischen Insel Gotland, wo ein HGÜ-System mit einer Leistung von zunächst 65 MW in Betrieb genommen wurde. Ein weiteres System mit einer Leistung von ca. 180 MW ist zwischen Queensland und Neu-Südwales in Australien geplant. Diese HGÜ-Technik auf der Grundlage von Thyristoren wird sich dem derzeitigen Erkenntnisstand zufolge aber noch umfangreich weiterentwickeln, so dass voraussichtlich auch geeignete Systeme für große Offshore-Windparks im Leistungsbereich von 1.000 MW und mehr zur Verfügung stehen werden (Literatur).