Betrachtet man vor diesem Hintergrund den Rohstoff Holz, der bereits vor dem industriellen Zeitalter den primären Energielieferanten repräsentierte, als potenzielle Energiequelle für Kraftstoffe und Chemikalien, so kommt für eine Biomassenutzung im weltweiten Ausmaß in erster Linie die biogene Grundsubstanz Lignozellulose in Frage, die etwa 90% des globalen Biomasseaufkommens in Form von Holz, Blattwerk oder auch Stroh ausmacht. Abgesehen von der traditionellen Zellstoffproduktion in Höhe von ca. 150 Mio. t pro Jahr wird Lignozellulose im Bereich der chemischen Industrie derzeit kaum genutzt.
Durch das im Vergleich zur konventionellen Verbrennung relativ flexiblere, wirtschaftlichere und umweltverträglichere Verfahren der Vergasung von Lignozellulose als der am häufigsten auftretenden Landbiomasse ließe sich der im Artikel „Biomasse im energiepolitischen Kontext I“ postulierte Kraftstoffbedarf auf der Grundlage der heute verfügbaren Technologie durch jährlich etwa 200 Mio. t lufttrockenes Holz, Stroh oder sonstige lignin- und zellulosehaltige Substanzen wie beispielsweise organische Rest- und Abfallstoffe decken. Eine derartige Veredelung von Biomasse zu Kraftstoffen oder Chemikalien würde im großindustriellen Produktionsbetrieb derzeit v. a. noch mit den konventionellen fossilen Energieträgern konkurrieren, die in Raffinerien oder Anlagenverbunden der Petrochemie mit Durchsätzen im Bereich von etwa 10 Mio. t pro Jahr aufbereitet werden.
Da in den Industriestaaten die sogenannten externen oder externalisierten Kosten fossiler Brennstoffe wie z. B. für potenzielle und eingetretene Klimaschäden als Umweltwirkungen der Öl-, Gas- und Kohleverarbeitung in der betriebswirtschaftlichen bzw. umweltökonomischen Gesamtrechnung bislang unberücksichtigt bleiben und für die betroffenen Unternehmen somit keine reellen Ausgaben darstellen, wäre in diesem Kontext eine derartige Biomassenutzung zum jetzigen Zeitpunkt relativ gesehen noch nicht wirtschaftlich. Darüber hinaus ist besonders mit Blick auf die industrialisierten Länder die Knappheit des dort verfügbaren Biomasseaufkommens als limitierender Faktor anzusehen.
Derzeit werden ungefähr 10% des weltweiten jährlichen Primärenergieverbrauchs durch rund eine Gigatonne Öläquivalent (Gtoe) an Biomasse gedeckt, wobei herkömmliches Brennholz etwa die Hälfte liefert. Auf der Grundlage eines infrastrukturell zweckmäßig organisierten nachhaltigen Land-, Forst- und Abfallwirtschaftssystems ließe sich die energetische Biomassenutzung dauerhaft, ohne umweltschädigenden Raubbau und ohne Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion in diesem Zusammenhang potenziell auf etwa 3 bis 4 Gtoe pro Jahr ausweiten. Im Gegensatz dazu werden für organische Chemieprodukte jährlich nur etwa 0,3 Gt Energieäquivalente benötigt, die hauptsächlich aus Erdöl sowie zu geringeren Anteilen aus Erdgas und Kohle bestehen, wobei rund die Hälfte dieser chemischen Erzeugnisse herkömmliche Massenkunststoffe repräsentiert.