In Teil 1 wurde vor dem Hintergrund des relativ dynamischen Betriebsverhaltens von Windkraftanlagen die Problematik bzw. das Phänomen des Schwingungsverhaltens von Windanlagentürmen im Offshore-Bereich bereits umrisshaft vorgestellt und soll in diesem Artikel nun weiter behandelt werden.
Liegen die Eigenfrequenzen der Anlagenstruktur in der Nähe der anregenden Frequenzen oder besteht zwischen beiden Ozsillationen sogar Phasengleichheit, so führt dies in der Folge zu einer Überhöhung der Beanspruchungen des Bauwerks. Überschreitet dieser Zustand einen kritischen Zeitpunkt, so können unter Umständen Zuverlässigkeit und Lebensdauer der einzelnen Bauteile gefährdet werden. Unter anregenden Frequenzen seien dabei vor allem solche Frequenzen (abgeleitete SI-Einheit: [1 Hz = s−1]) verstanden, die aus dem Anlagendrehzahlbereich bzw. aus den Blattdurchgangsfrequenzen resultieren, die sich wiederum in Abhängigkeit von der Anzahl der Rotorblätter und der jeweiligen anlagenspezifischen Drehzahl ergeben.
Diese potenzielle Deckungsgleichheit zwischen den unterschiedlichen, aktiv wirkenden Schwingungen des betrachteten Gesamtsystems mit all seinen inneren und äußeren Belastungen kann somit ein Aufschaukeln der Frequenzen bewirken. Da es sich bei Windanlagentürmen um klassische „Biegeschwinger“ handelt, spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Biegefrequenz.
Um die Schwingungen nicht in den kritischen Bereich übergehen zu lassen, kommt in der betrieblichen Praxis meist das sogenannte „Pitchen“ zur Anwendung. Dabei werden die Rotorblätter automatisch gedreht, um auf diese Weise bestimmte Frequenzbereiche und somit eine weitere Oszillationsverstärkung zu umgehen. Nur sehr selten wird demgegenüber zur Vermeidung einer solchen Überlappung bzw. Überlagerung amplitudengleicher Schwingungen vom klassischen Notstopp Gebrauch gemacht, der über ein mechanisches Bremsen des Rotors den Stillstand der gesamten Anlage zur Folge hat.
Ein längere Zeit andauernder Betrieb von Windkraftanlagen in einem solchen kritischen Bereich ist aufgrund dieser Tatsache auch durch die entsprechenden Normen untersagt. Aus diesem Grund sollte darüber hinaus unter anderem auch die Abhängigkeit der Eigenfrequenzen der Tragstrukturen von verschiedenen Parametern untersucht werden, um so auf verlässliche bzw. richtungsweisende Aussagen für den Offshore-Bereich schließen zu können. Damit könnten bzw. sollten dann in der Folge etwaige Sensibilitäten gegenüber bestimmten Einflüssen festgestellt oder sogar gänzlich ausgeschlossen werden können.
Derartige Untersuchungen sollten sich dabei hauptsächlich auf diejenigen Tragstrukturen konzentrieren, die momentan bei der Anlagenerrichtung im deutschen Nord- und Ostseebereich zur Anwendung kommen (= überwiegend Windkraftanlagen bzw. -türme mit Monopile- und vor allem Tripod-Gründungen). Im Besonderen könnte dabei eine detaillierte Abgrenzung der Anwendungsbereiche der einzelnen Typen bei unterschiedlichen Randbedingungen wie etwa Wassertiefe, Wellenhöhe, Eisangriff, Anlagengröße etc. und der daraus resultierenden Lasten auf die Windkraftanlage bzw. den Turm erreicht werden.
Weiterführende Informationen zu dem in diesem Artikel behandelten Thema finden sich unter anderem auch auf der Internetseite http://www.gigawind.de/ der gleichnamigen Forschungsgruppe an der Leibniz Universität Hannover (LUH), die sich seit dem Jahr 2000 insbesondere mit bau- und umwelttechnischen Problemstellungen von Offshore-Windenergieanlagen befasst.