Distributionsstufen in der deutschen Gaswirtschaft

von Christian Großner, M.Sc.

In Europa ist die Erdgaswirtschaft seit dem Jahr 1970 von Bedeutung. Auslöser dafür waren insbesondere Erdgasfunde in den Niederlanden, die einen leitungsgebundenen Ferntransport in die Verbrauchsregionen in Deutschland ermöglichten. Sind die Voraussetzungen für einen Zugang zu den notwendigen Leitungsinfrastrukturen gegeben, so kann die Wertschöpfung durch die Distribution (Verteilungslogistik) von den Förderstätten bis hin zum finalen Endkunden erfolgen.

Die Wertschöpfungskette bzw. die Struktur der deutschen Gaswirtschaft für die Versorgung mit Erdgas lässt sich grob in die Stufen Förderung, Großhandel sowie regionaler und lokaler Endkundenvertrieb unterteilen (Bildquelle: Bund der Energieverbraucher):

Auf der obersten Stufe, der Förderstufe, agieren verschiedene Erdgasförderunternehmen. Durch die geringen eigenen Erdgasvorkommen muss Deutschland etwa 90% seiner Nachfrage durch Importe decken und ist vor diesem Hintergrund größtenteils auf ausländische Erdgasproduzenten angewiesen.

An der Distribution bzw. Verteilung des gewonnenen Gases an Erdgaskunden in Deutschland sind in der Regel privatrechtliche Zwischenhändler beteiligt, die das eingekaufte Gas an Weiterverteiler bzw. Vertriebsgesellschaften veräußern. Alle hier tätigen Unternehmen bilden die Großhandelsebene auf dem deutschen Gasmarkt. Akteure auf diesen mittleren Stufen sind Ferngasgesellschaften mit und ohne Direktzugang zur vorgelagerten Produktionsstufe.

Auf dem Gasmarkt agieren aber auch reine Händler, die Marktungleichgewichte für sogenannte Arbitragegeschäfte nutzen. Großhändler handeln Erdgas in der Regel über den außerbörslichen OTC-Handel (engl.: over the counter); der Handel mit Gas gewinnt jedoch auch zunehmend an der deutschen Energiebörse EEX in Leipzig an Bedeutung.

Nach der Fernleitungsstufe erfolgt zumeist die Belieferung von Endkunden über die ca. 700 Unternehmen auf der Regional- und auf der Ortsstufe. Davon sind weniger als 20% reine Gasversorgungsunternehmen (GVU). Etwa ein Viertel befindet sich vollständig im Querverbund, wie zum Beispiel in Form von Stadtwerken. Die Ortsstufe ist überwiegend im öffentlich-kommunalen Besitz. Die regionalen Vertriebsgesellschaften sind häufig Töchtergesellschaften von vertikal integrierten Gasversorgungsunternehmen.

Diese beliefern sowohl Haushalts- als auch Industriekunden. Insbesondere größere Industriekunden kaufen das benötigte Erdgas auch direkt bei Akteuren der vorgelagerten Großhandelsstufe ein. Die Endverbraucher werden in Kunden mit registrierter Leistungsmessung – sogenannte RLM-Kunden – sowie in Kunden mit einem Standardlastprofil – sogenannte SLP-Kunden – unterteilt. Die RLM-Kunden sind Großverbraucher wie in erster Linie Industriekunden, für die jeweils ein individuelles Lastprofil ermittelt wird. Typische SLP-Kunden sind demgegenüber Haushalte, für die ein standardisiertes Lastprofil zugrunde gelegt werden kann, da ihr durchschnittliches Verbrauchsverhalten im Gegensatz zum vorgenannten Fall keine Einzelbewertung erfordert.


Weitere Informationen zum Thema können gerne jederzeit beim Autor dieses Artikels, Christian Großner, unter der e-Mail-Adresse cgrossner[at]gmx.de erfragt werden.