Nach den eher theoretischen Ausführungen im Zusammenhang mit der Anwendung kohlefaserverstärkter Kunststoffe im Rotorblattbau im ersten Teil soll diese Thematik in diesem zweiten Beitrag nun etwas stärker aus praxisorientierter bzw. industrieller Sichtweise betrachtet werden.
Die Windkraftanlagenhersteller, unter anderem die Nordex SE, Hamburg, fertigen Anlagen bzw. Rotorflügel für den Bereich der Offshore-Anwendung in der Regel auf der Basis von kostengünstigerem glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), es laufen aber zahlreiche Untersuchungen und Forschungen im Hinblick auf Rotorblattwerke, die zu einem möglichst optimalen Anteil carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) enthalten.
Es geht den Produktionsfirmen nicht primär darum, Rotorblätter von Windturbinen ausschließlich mit Kohlefaser zu versehen, sondern ein geeignetes, technisch und wirtschaftlich möglichst ideales Verhältnis (unter anderem auch aufgrund der im Moment noch relativ hohen Marktkosten der derzeit nur von wenigen Herstellern angebotenen Kohlefaser) zwischen beiden Faserstoffen zu erzielen. Daher laufen unterschiedlichste Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die eine optimale Kombination beider Materialien verfolgen; so besteht bei heutigen Windkraftanlagen beispielsweise der Holm aus Kohlefaser, während der Flügelkörper selbst GFK beinhaltet.
Das ursprünglich im Bereich der Weltraumfahrt eingesetzte CFK lohnt sich tendenziell nur bei größeren Blattlängen, so zum Beispiel auch im Offshore-Bereich. Die Größe des Rotordurchmessers stellt dabei ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Fasermaterials dar, wobei CFK bereits seit Anfang dieses Jahrtausends in der Onshore-Windkraft vertreten ist.
Hinsichtlich der Entsorgung bzw. eines Recycling von Windkraftanlagen, deren Blätter zu einem gewissen oder auch vollständigen Anteil auf CFK basieren, treten gegenüber GFK keine signifikanten Mehrkosten auf, so dass dieser Aspekt bei der Entscheidung für oder gegen einen bestimmen Faserwerkstoff eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Das heute noch vergleichsweise teure, weil energetisch nur durch wenige Firmen am Markt aufwendig herstellbare Material, zeichnet sich gegenüber herkömmlichen Glasfaserstoffen durch eine höhere Biegesteifigkeit sowie eine gesteigerte Zugfestigkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht aus. Heute sind im Wesentlichen Kombinationen zwischen CFK und GFK im Einsatz, wobei der prozentuale Anteil der Carbonfasern bei diesen Mischungen bei nur wenigen Masse-% liegt.
Im Offshore-Bereich wird sich der CFK-Anteil aufgrund der dort wesentlich größeren Rotordurchmesser vermutlich erhöhen, zumal der Preis der Kohlefaser in naher Zukunft voraussichtlich weiterhin sinken wird, da mehr Anbieter bzw. Hersteller den Markt für neue Rotorblattbaustoffe erschließen werden und sich der Fertigungsaufwand und damit die Marktpreise aufgrund von zu erwartenden Erfahrungs- und Degressionseffekten reduzieren werden.