In diesem Artikel zur Reservekraftwerksverordnung (ResKV) soll das einschlägige Verfahren zur Beschaffung und Vergabe von Netzreserve in seinen Grundzügen beschrieben werden, an dem die die Reserveenergie bereitstellenden Anlagenbetreiber, die systemverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) und die koordinierende Bundesnetzagentur (BNetzA) beteiligt sind.
Das in der Verordnung definierte Vorgehen umfasst im wesentlichen vier zentrale Schritte:
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Initial ermitteln und melden die ÜNB in jährlichem Turnus den insbesondere in den Wintermonaten anfallenden Bedarf an Reservekraftwerksleistung an die BNetzA. Diese Leistungserhebung durch die Betreiber der Übertragungsnetze wird als „Systemanalyse“ bezeichnet und umfasst in erster Linie technische Bedarfsanalysen und mögliche Ausfallszenarien.
Beispielsweise umfasst die Systemanalyse der ÜNB für den Winter 2013/2014 2.540 MW (von denen aus Bestandsverträgen der Vorjahre bisher 2.022 MW gesichert sind). Von den 4.800 MW, die von den Netzbetreibern für den Winter 2014/2015 ermittelt wurden, sind bisher ca. 3.500 MW verfügbar.
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Nach der Übermittlung der Systemanalyse durch die ÜNB an die Bundesnetzagentur prüft und bestätigt diese den zuvor von den Netzbetreibern prognostizierten Reservebedarf.
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Im nächsten Schritt folgt dann – ähnlich wie bei der Regelleistung am Systemdienstleistungsmarkt – die Ausschreibung der in der Systemanalyse ermittelten noch offenen Leistungsmengen durch den jeweiligen ÜNB in der zugehörigen Regelzone nach Abstimmung mit der BNetzA. Zu beachten sind hierbei die beiden grundlegenden Voraussetzungen an potenzielle Reservekraftwerke für eine Beteiligung an der Netzreserve in Form der Systemrelevanz sowie der sogenannten „No-Way-Back“-Verpflichtung:
Die Systemrelevanz einer Anlage ist lt. Gesetz gegeben, „wenn ihre dauerhafte Stilllegung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer nicht unerheblichen Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems führt und diese Gefährdung oder Störung nicht durch andere angemessene Maßnahmen beseitigt werden kann“ (§ 13a Abs. 2 EnWG).
Die weiterhin erforderliche „No-Way-Back“-Verpflichtung sieht vor, dass Anlagen zur Bereitstellung von Netzreserve im Zuge ihrer vorläufigen oder endgültigen Stilllegung nicht mehr am Energiemarkt eingesetzt werden dürfen (§ 7 Abs. 1 ResKV).
- Der letzte Schritt im Rahmen des sogenannten Interessenbekundungsverfahrens ist bei Vorliegen aller technischen und rechtlichen Voraussetzungen der finale Vertragsabschluss zwischen den jeweils bezuschlagten bzw. verpflichteten Anlagenbetreibern und den betroffenen ÜNB über die vom Netz benötigte Reserveleistung. (Relevant ist stets der Anschluss-ÜNB, also derjenige ÜNB, in dessen Regelzone die Erzeugungsanlage unabhängig von ihrer Spannungsebene netztechnisch angeschlossen ist.)
Sollte der Bedarf an Netzreserve durch dieses Verfahren nicht gedeckt werden können, so können die Netzbetreiber über die BNetzA auf gesetzlicher Grundlage gegebenenfalls den Weiterbetrieb von Kraftwerken, die vom Anlagenbetreiber ursprünglich schon zur (vorläufigen oder endgültigen) Stilllegung vorgesehen waren, oder sogar den Neubau entsprechender Reservekraftwerke anmelden bzw. auf diesem Wege forcieren.