Eislast

Bei dauerhaften und ausreichend niedrigen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt kann es an Hochspannungsleitungen und Strommasten von elektrischen Versorgungsnetzen bei entsprechenden Rahmenbedingungen zur Bildung von Eis kommen. In einem solchen aus Sicht des Netzmanagements unerwünschten Fall spricht man von Eislast (Fotonachweis: RWE).

Die Bildung, Größe und Auswirkungen von Eislasten im Zusammenspiel mit der Wärmeabfuhr an die Umgebung (Stromtransportverluste) sind grundsätzlich von mehreren verschiedenen Einflussfaktoren abhängig: Neben der Außentemperatur und der zeitlichen Frostdauer spielen meteorologische Gesichtspunkte wie möglicher Wind (Absenkung auf gefühlte Temperatur) und / oder eventueller Schneefall / Eisregen eine weitere Rolle. Die Netzbetreiber wirken einem Eisansatz bestmöglich über die technische Dimensionierung der Betriebsmittel entgegen, so dass Versorgungsmasten und -leitungen für ein gewisses Maß an Eisbelastung statisch ausgelegt sind.

Dieses liegt auch in der natürlichen Abwärmestrahlung im Zuge des Stromtransports über die Freileitungen begründet, da über die elektrischen Wirkwiderstände der Kabel thermische Energie freigesetzt wird. In der Regel reicht eine solche Verlustenthalpie in den meisten Fällen aus, um eine Vereisung der Anlagen zu verhindern oder zumindest zu verringern. Die Seiltemperaturen liegen unter Volllast, das heißt bei etwa maximal 2.000 Ampere Übertragungskapazität pro Leiter, um die 100 °C. Bei entsprechenden klimatischen Gegebenheiten könnte durch die zuständige Netzbetriebsführung zum Zwecke der Gewährleistung der Versorgungssicherheit somit der Lastfluss und dadurch die maximale Abwärmeleistung erhöht werden, um der verstärkten Eisbildung entgegenzuwirken und dieses abzuschmelzen / abzuwerfen, zumal durch kalte oder kühlere Luft über die Freileitungen mehr Elektrizität transportiert werden kann.

Durch den Abkühlungseffekt der Umgebungsluft steigt die thermische Kapazität der Kabel, da sich diese durch den Stromtransport infolge der Leitungswiderstände proportional erwärmen (vgl. Art. „Netzoptimierung“). Doch auch einer solchen Maßnahme für einen Eislastabwurf (zum Lastabwurf vom Stromverbrauchern vgl. z. B. Art. „Brownout“) sind bei kalter Witterung technische Grenzen gesetzt, da die Strombelastung der kapazitätsseitig limitierten Leitungen nicht willkürlich erhöht werden kann, um weder diese noch weitere Anlagen/-teile zu überlasten sowie die auftretenden Energieverluste bei der Stromübertragung zu begrenzen.

Eis- und / oder Schneeablagerungen an Überlandleitungen können diese beschädigen und somit im Extremfall zu längeren und großflächigen Unterbrechungen der Stromversorgung im betroffenen Gebiet führen („Blackout“). Strommasten könnten abbrechen, umknicken, verbiegen oder umfallen, die aus Metall (in der Regel Aluminium und Stahl) bestehenden Leiterseile könnten schwingen, reißen oder Kurzschlüsse verursachen.

Neben Schnee- und Windlast (größere Angriffsfläche bei Eisansatz) spielen bei der Stabilitätsgrenze von Hochspannungsmasten und -leitungen auch technische bzw. mechanische Aspekte wie zum Beispiel Leiterdurchmesser und -kapazität, Spannweite (Abspannabschnitt) und -stärke sowie die aktuelle Stromlast im Netz bzw. auf der betroffenen Trasse eine Rolle. Von Bedeutung ist weiterhin der geografische Standort der Betriebsmittel, da im Winter Freilandleitungen zum Beispiel an der Nordsee kaum, solche in den Alpen jedoch nahezu dauerhaft von Eisbelastung betroffen sind, so dass diese mit abnehmender Durchschnittstemperatur und zunehmender mittlerer Schneefallmenge für eine entsprechend höhere Traglast an Eis dimensioniert sind.

Gesetzliche Grundlage bildet in diesem Zusammenhang die einschlägige Norm DIN EN 50341 über die Planung und Errichtung von mit Dreiphasenwechselstrom (Drehstrom) betriebenen Freileitungen in Deutschland mit einer Hochspannung von > 1 kV. Zur Verminderung des Eisansatzes im Winter können die Betriebsmittel in Risikogebieten (z. B. in den Alpen) mit entsprechenden Enteisungsanlagen ausgestattet werden. Über das sogenannte Freileitungs-Monitoring kann der Stromnetzbetreiber die aktuelle Betriebstemperatur und damit die momentane Übertragungsleistung und -kapazität jedes einzelnen Netzabschnittes in seiner Regelzone in Echtzeit verfolgen.