Fracking VII: Das Potenzial von Schiefergas in Deutschland

von Christian Großner, M.Sc.

Erdgas spielt eine wichtige Rolle, um die bundesdeutsche Energieversorgung zu sichern. Allerdings werden über 80% des Erdgases importiert. In Europa sind die Förderquoten jedoch rückläufig, daher sind mögliche neue Quellen von großem Interesse für die Energiewirtschaft. Auch in Deutschland könnten ungenutzte Potenziale von unkonventionellen Kohlenwasserstoffen vorhanden sein.

Die Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben Erlaubnisse zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen aus Schiefergaslagerstätten erteilt. Meist handelt es sich dabei um Kohleflözgas. In Niedersachen wurden bereits fünf Schiefergas-Explorationsbohrungen durch ExxonMobil abgeteuft. Dabei handelt es sich um die Bohrprojekte Damme 2 und 3, Lünne 1, Niedernwöhren 1 und Schlahe 1. Beim Bohrprojekt Damme 3 wurde die Bohrung im Jahr 2008 durchgeführt, im Jahr 2009 erfolgte die Frac-Maßnahme. Bei den anderen Explorationsbohrungen wurden bislang noch keine Frac-Maßnahmen durchgeführt.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) untersuchten Rohstoffexperten in der NiKo-Studie das Potenzial an Schieferöl und Schiefergas in Deutschland. Verlässliche Angaben über tatsächliche Vorräte sind jedoch nur für wenige Regionen verfügbar. Die Studie ist bis zum 30. Juni 2015 angelegt und untersucht auch Aspekte der nachhaltigen Nutzung sowie der Umweltverträglichkeit. Im Rahmen dieser Untersuchung hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als Zwischenreport eine Studie über das Erdgaspotenzial aus Schiefergestein veröffentlicht. Für eine Selektion von untersuchungsrelevanten Tonsteinformationen wurden verschiedene Auswahlkriterien aufgestellt. Diese sind der Gehalt an organischem Material, der Typ des organischen Materials, die thermische Reife, die Mächtigkeit der Formationen und deren Tiefenlage.

Bei dieser Studie wurden zuerst die Mengen an Erdgas berechnet, die in den betrachteten Gesteinsformationen vorhanden sein könnten (engl.: Gas in Place, GIP). Diese Mengen betragen insgesamt 13 Billionen m³ an Schiefergas. Die technisch förderbaren Vorkommen umfassen jedoch nur einen kleinen Teil dieser Menge und fallen somit deutlich geringer aus. Die größten Potenziale werden in den Formationen des Unterkarbons, des Posidonienschiefers und des Wealden (Unterkreide) vermutet.

Produktionserfahrungen aus den USA zeigen, dass der Gewinnungsfaktor zwischen 10% und 35% der jeweiligen GIP-Mengen liegen kann. Die BGR veranschlagt in ihrer Studie einen konservativen Faktor in Höhe von 10%. Dementsprechend würde die technisch förderbare Erdgasmenge zwischen 0,7 und 2,3 Billionen m³ betragen. Diese Menge läge damit deutlich über Deutschlands konventionellen Erdgasressourcen und -reserven von jeweils ca. 0,15 Billionen m³. Damit würden die Abschätzungen der US-amerikanischen Energiebehörde EIA weit übertroffen.

Im Rahmen der oben genannten NiKo-Studie haben die Staatlichen Geologischen Dienste der Deutschen Bundesländer (SGD) und die BGR eine Stellungnahme zu den geowissenschaftlichen Aussagen des UBA-Gutachtens, der NRW-Studie sowie der InfoDialog-Risikostudie von ExxonMobil zum Thema Fracking abgegeben. Alle drei Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Erkundung und Förderung von unkonventionellen Lagerstätten unter bestimmten Voraussetzungen mit den Anforderungen der geltenden Umweltgesetze vereinbar ist. Daher ist – unter Einhaltung bestimmter Qualitäts-, Umwelt- und Sicherheitsanforderungen – ein Einsatz der Frac-Technologie aus geowissenschaftlicher Sicht grundsätzlich möglich. Weiterhin wird betont, dass ohne Aufsuchungs- bzw. Untersuchungstätigkeiten jedoch keine belastbaren Aussagen über die Möglichkeiten der Gewinnung von Schiefergas gemacht werden können.


Weitere Informationen rund um das Thema Fracking und die diesbezüglichen Beiträge auf dieser Internetseite können gerne jederzeit beim Autor dieses Artikels, Christian Großner, unter der e-Mail-Adresse cgrossner[at]gmx.de erfragt werden.