von Herbert Saurugg, M.Sc.
Zu den sogenannten Strategischen oder Kritischen Infrastrukturen (KI, engl.: Critical Infrastructures (CI)) zählen jene Infrastrukturen oder Teile davon, die eine wesentliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen haben und deren Störung oder Zerstörung schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Sicherheit, das wirtschaftliche oder soziale Wohl der Bevölkerung oder die effektive Funktionsweise von Regierungen haben.
Für die meisten von uns sind die lebenswichtigen Infrastrukturen im Alltag unsichtbar, bzw. ihre tatsächliche Bedeutung wird selten als solche wahrgenommen. Das ist grundsätzlich auch gut so und trägt einen wesentlichen Teil zu unserem Wohlstand und Wohlbefinden bei. Nichtsdestotrotz sollte uns stets bewusst sein, dass es sich hierbei um kein Naturgesetz handelt, welches immer garantiert wäre, sondern dass dahinter ein großer Aufwand betrieben wird, und Großstörungen erhebliche Auswirkungen auf die für uns wichtigen Versorgungsleistungen haben können. Aber auch kleinere Störungen, die vor allem mit der Digitalisierung und Vernetzung zunehmen, können sich auf unseren Alltag nachteilig auswirken. Gerade durch die aktuellen technischen Entwicklungen können in komplexen Systemen übliche kleine Ursachen zu großen Auswirkungen führen (vgl. dazu auch Artikel „Der Schmetterlingseffekt“).
Schutzmaßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil zur Gewährleistung der sehr hohen Versorgungssicherheit. Aber genauso wichtig sind Maßnahmen, die uns darauf vorbereiten, auch mit (Teil-)Ausfällen umgehen zu können. Leider wird dieser Bereich gerne vergessen, weil und wenn ja ohnehin alles so gut funktioniert, was aber zu einem Verletzlichkeitsparadox bzw. zu einer „Truthahn-Illusion“ führt. Und gerade mit der voranschreitenden Digitalisierung und Vernetzung wird dieser Bereich immer wichtiger. Zum anderen ist auch eine gewisse Gelassenheit erforderlich, denn es gibt nirgends eine einhundertprozentige Sicherheit, und eine temporäre Störung sollte uns nicht aus der Ruhe bringen (können).
Dazu sind einmal wir als Menschen gefordert, indem wir entsprechende Vorsorgen treffen (zum Beispiel Eigenbevorratung), um mit temporären Ausfällen umgehen zu können. Gleichzeitig sollten wir uns im Falle des Falles nicht zu oder von einer medialen Aufschaukelung, vor allem in den sozialen Medien, mitreißen lassen. Hier wird oft aus einer Mücke ein Elefant gemacht, was niemandem etwas bringt. Zum anderen ist es sehr wohl notwendig, unser Systemdesign in vielen Bereichen zu überdenken, um vor allem in den kritischen Bereichen ein langfristig lebensfähiges System zu gestalten. Hier passiert leider aus einseitigen betriebswirtschaftlichen und damit finanziellen Überlegungen immer häufiger das Gegenteil.
Bei den Kritischen Infrastrukturen gibt es grundsätzlich zwei Sektoren, die alles miteinander verbinden und von denen fast alle Versorgungsleistungen abhängig sind: Die Strom- sowie die informations- und kommunikationstechnische Versorgung (Festnetz, Mobilfunknetz, Internet, Datenverbindungen). Hier kann man zu Recht von Lebensadern sprechen, denn eine Großstörung in einem oder beiden Sektoren kann zu weitreichenden Dominoeffekten bzw. zu Kettenreaktionen führen:
- ohne Stromversorgung geht so gut wie gar nichts mehr (vgl. dazu Art. „Blackout“)
- IT wird in allen (Kritischen) Infrastrukturen zur Steuerung eingesetzt
- Rettung, Feuerwehr, Polizei und andere Notdienste benötigen sie zur Koordination
- Stromnetze werden bereits heute ferngesteuert
- Logistikunternehmen und Leitstellen sind auf GPS und Funk angewiesen
- das Finanzwesen läuft fast ausschließlich über das Internet
- Der Großteil dieser Kommunikation läuft über gesicherte Verbindungen. Jedoch gibt es immer häufiger Vorfälle, wo Cyber-Angriffe trotzdem zu Störungen führen. Im Extremfall kann das sogar zum vollständigen Ausfall der Stromversorgung führen.
- durch die Digitalisierung nehmen die Vernetzungen und damit auch die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten weiter zu
Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden sich auf dieser Internetseite unter anderem auch im Artikel „Energie als kritische Infrastruktur“, „Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls“ oder „BLACKOUT – Morgen ist es zu spät“.
Herbert Saurugg, Major a. D., ist Internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte sowie Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV), auf deren Internetseite https://www.gfkv.at/ sich auch nähere Informationen zum Thema finden.