Um die Erdgasversorgung in Deutschland langfristig und nachhaltig sicherstellen zu können, nimmt die deutsche Gaswirtschaft derzeit eine sogenannte Marktraumumstellung vor. Dabei wird das Gebiet, das momemtan noch mit aufkommensbezogen rückläufigem Erdgas versorgt wird, sukzessive und infrastrukturell auf die Belieferung mit solchem Gas umgestellt, welches langfristig verfügbar ist.
Vor allem der Norden und der Westen Deutschlands – insbesondere die Bundesländer Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Rheinland-Pfalz – werden heute überwiegend mit sogenanntem L-Gas versorgt, was insgesamt einen Anteil von rund 30% am deutschen Erdgasmarkt ausmacht. Dieses stammt vornehmlich aus inländischer Produktion (Norddeutschland) sowie aus dem Import (Niederlande). Das Aufkommen dieses Gastyps und damit auch seine Fördermenge bzw. Produktion erweist sich jedoch als signifikant rückläufig, so dass eine nachhaltige Versorgung nur noch mit dem sogenannten H-Gas möglich ist, welches in erster Linie aus Dänemark, Norwegen, Russland und aus der Nordsee bzw. von LNG (engl.: liquefied natural gas, Flüssigerdgas) -Terminals stammt. Diese der Versorgungssicherheit dienende Maßnahme der Anpassung des Marktraumes erfolgt derzeit und in den folgenden Jahren in sämtlichen betroffenen Gasnetzgebieten und soll planmäßig im Jahr 2030 abgeschlossen sein.
Erdgas wird als Brenngas nach dem sogenannten Wobbe-Index, der ein Maß für den Energiegehalt bzw. die Energiedichte darstellt und von der stöchiometrischen Zusammensetzung des Gases abhängt, in zwei Typen differenziert: Man unterscheidet zum einen H-Gas (von engl.: high [calorific] gas, hochkalorisch / hoher Energiegehalt) mit einem höheren Anteil an brennbaren Kohlenwasserstoffen und entsprechend einem geringen, nicht brennbaren Inertgasanteil (bei Erdgas vor allem Stickstoff [N2] und Kohlenstoffdioxid [CO2]), sowie zum anderen L-Gas (von engl.: low [calorific] gas, niederkalorisch / niedriger Energiegehalt) mit einem höheren Inertgasanteil.
Im Hinblick auf die Elementarzusammensetzung besteht H-Erdgas aus ca. 98% Methan (CH4), 1% weiteren Alkanen (Ethan, Propan, Butan und Pentan mit der chemischen Summenformel CnH2n+2) und 1% Inertgasen, während L-Erdgas etwa 85% Methan, 4% weitere Alkane und 11% Inertgase beinhaltet. Der Brennwert Hs (früher Ho, oberer Heizwert) liegt bei etwa 14 kWh/kg (50 MJ/kg) bzw. 11,1 kWh/m³ (40 MJ/m³) für H-Gas und bei ungefähr 10 kWh/kg (36 MJ/kg) bzw. 8,2 kWh/m³ (30 MJ/m³) für L-Gas. Der Heizwert Hi (früher Hu, unterer Heizwert) liegt jeweils etwa 10% unter den vorgenannten Werten. Die Dichte ρ des Brenngases variiert zwischen 0,700 kg/m³ (H-Gas) und 0,840 kg/m³ (L-Gas). Diese beiden unterschiedlichen Gruppen müssen aus technischen sowie aus eichrechtlichen Gründen in getrennten Systemen deklariert, transportiert und abgerechnet werden.
Die Marktraumumstellung findet auch auf der Ebene der mit Erdgas belieferten Endkunden statt. So werden entsprechend einer vorausgegangenen Vollerhebung aller insgesamt vorhandenen Gasgeräte wie beispielsweise Gasherde oder Heizkessel bei allen Letztverbrauchern (Industrie, Gewerbe, Unternehmen und private Haushalte) in den betroffenen Netzgebieten die mit L-Gas betriebenen Geräte für die Nutzung von H-Gas angepasst. Das zugehörige Umstellungskonzept für die Umsetzung wurde von den deutschen Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) erarbeitet und wird kontinuierlich in Zusammenarbeit mit den nachgelagerten Verteilnetzbetreibern (VNB) weiterentwickelt. Eine detaillierte Planung für die Umstellung von heute noch mit L-Gas versorgten Markträumen auf Erdgas H kann dem Netzentwicklungsplan Gas (NEP Gas) entnommen werden, in dem auch die angekündigten Umstellungsbereiche sowie deren voraussichtliche Umstellungsmonate veröffentlicht sind.
Die bei der Anpassung der Gasgeräte oder deren Austausch anfallenden Kosten werden über die Regulierung der Netznutzungsentgelte entsprechend der Vorgaben des zugrundeliegenden Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) auf alle Endverbraucher umgelegt. Diese Wälzung der Kosten ist ein zentraler Bestandteil der gesetzlichen Netzentgeltregulation, da es sich beim Betrieb eines Gasversorgungsnetzes um ein natürliches Monopol handelt. Gemäß EnWG werden weiterhin auch die einem Netzbetreiber für die netztechnisch erforderliche und dauerhafte Umstellung der Gasqualität von L- auf H-Gas entstehenden Kosten auf sämtliche Netznutzer in Deutschland umgelegt. Die Verrechnung der angefallenen Aufwendungen erfolgt dabei über einen spezifischen Wälzungsbetrag, den die Fernleitungsnetzbetreiber in Form der sogenannten Marktraumumstellungsumlage auf ihre Tarife für Ausspeisekapazitäten des gebuchten Gases aufschlagen.