In verschiedenen Artikeln auf dieser Internetseite wurde das Thema Schwarzfall (Blackout) angesprochen. Um die Versorgungssicherheit von elektrischen Energiesystemen zu gewährleisten, wird im Rahmen der Planung des Betriebs von Stromnetzen im europäischen Verbundsystem grundsätzlich nach der sogenannten (n–1)-Regel vorgegangen. Diese besagt, dass im Falle eines Ausfalls einer beliebigen Komponente des Systems ebendieses Gesamtsystem durch entsprechende Redundanzen dennoch nicht ausfällt und weiterhin vollständig funktionsfähig bleibt.
Die (n–1)-Regel (ausgesprochen: „N Minus Eins Regel“) bezieht sich auf ein System mit insgesamt n Objekten. Diese sind in der elektrischen Energietechnik für die Aufgaben einer zuverlässigen Elektrizitätsversorgung sowie eines stabilen Netzbetriebs zuständig. In Stromversorgungsnetzen können diese Objekte als elektrische Betriebsmittel wie zum Beispiel Transformatoren, Generatoren und Stromleitungen verstanden werden, die in ihrer Gesamtheit durch ihre technische Verfügbarkeit die originäre Aufgabe eines sicheren Netzbetriebs gewährleisten. Fällt im Sinne der Graphentheorie nun ein Knoten oder eine Kante im betrachteten Netzwerk plan- oder außerplanmäßig aus, so stehen diesem nur noch n–1 Objekte zur Verfügung. Im Bereich von Stromnetzen stellen Einspeisestellen (Stromproduktion), Entnahmestellen (Verbraucherlast) oder Umspannwerke (Verbindung unterschiedlicher Spannungsebenen) die Netzknoten eines vermaschten Netzwerks dar, während die Netzkanten wie insbesondere über- oder unterirdische Transportleitungen diese verbinden.
Gemäß dem (n–1)-Kriterium darf ein solcher Teil- bzw. Einzelausfall die Funktionstüchtigkeit des gesamten elektrischen Energieübertragungssystems nicht beeinträchtigen. Für die Planung und den Betrieb der europäischen Transportnetze der Höchstspannung sind die jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber verantwortlich. Diese prüfen die Einhaltung der (n–1)-Sicherheit anhand von Netzflusssimulationen kontinuierlich im laufenden Betrieb. Voraussetzung dabei ist, dass sämtliche Betriebsmittel im Rahmen ihrer technischen Nennwerte (insbesondere der elektrischen Spannung) trotz des Ausfalls des n-ten Objektes nicht übermäßig bzw. unzulässig beansprucht werden dürfen, um eine thermisch bedingte Schädigung der Objekte und somit weitere Ausfälle durch eine eventuelle Verletzung von Betriebsgrenzen zu vermeiden. Die durch das (n–1)-Kriterium zu haltende Netzsicherheit muss nach der eingetretenen Nichtverfügbarkeit des n-ten Objektes sowohl für den Schwachlast- als auch für den Hochlast- als auch für den Rückspeisefall (positiver oder negativer Bezug von anderen Spannungsebenen) erfüllt sein.
Die Bedingung muss stets für die maximale Höchstlast aller noch verbliebenen n–1 Betriebskomponenten erfüllt sein, was bedeutet, dass bei einer geringeren Auslastung des betrachteten Stromnetzes auch höhere Stufen wie ein für die Kritische Infrastruktur (KRITIS) vorgegebener (n–2)-Grundsatz erreicht werden können. In Lastprognosen der Netzbetreiber ist das (n–1)-Prinzip vor dem Hintergrund des topologischen Hauptlastflusses (sogenannter Kritischer Pfad) ein spezifisches Beurteilungskriterium in Bezug auf die Ausfallwahrscheinlichkeiten von elektrischen Betriebsmitteln. Ziel für eine hohe Netzsicherheit ist es, trotz des vorangegangenen Initialausfalls weitere Folgeausfälle im vermaschten Netz und somit einen Kaskadeneffekt bis hin zu einem kompletten Zusammenbruch des Stromnetzes (Blackout) zu verhindern. Ursachen für derartige Initialausfälle sind beispielsweise Kurz-, Erdschlüsse oder zu große Eislasten auf Freileitungen.
Die Redundanz zum Beispiel bei einem Leitungsausfall besteht für die zuständige Netzbetriebsführung darin, den von der Quelle zur Senke zu transportierenden Leistungsfluss über parallele Übertragungsleitungen umzuleiten. Eine weitere übliche Ausweichmöglichkeit ist die Auslegung der Transportleitungen als parallelgeschaltete Doppelsysteme: Jede Leitung wird im regulären Betriebszustand mit maximal 50% der Nennleistung betrieben, so dass bei Ausfall einer Leitung die jeweils andere den kompletten Lastfluss übernehmen kann. Weiterhin können Systemdienstleistungen wie beispielsweise Regelenergie zur Kompensation des ungeplanten Leistungsabfalls zum Einsatz kommen. Der (n–1)-Grundsatz kommt als Sicherheitsmechanismus zum Zwecke der Vermeidung von Versorgungsunterbrechungen sowie der Haltung der Systemstabilität für alle Spannungsebenen mit Ausnahme der Niederspannung zum Tragen, da diese in der betrieblichen Praxis in der Regel als Strahlennetz ausgeführt ist (Bildquelle: sparstrom Energievertriebs GmbH).