Die im vorangegangenen Artikel „Verdrängungswirkung der Windenergie im Netzbereich I“ angesprochene Problematik soll im folgenden anhand einer konkreten beispielhaften Situation im norddeutschen Verbundnetz der e.on Netz GmbH während einer exemplarischen Referenzwoche im Monat April verdeutlicht werden.
Dies geschieht am besten in Form der unten stehenden Abbildung, die den Verlauf der Netzlast (rote Linie) und der eingespeisten Windleistung (blaue Linie) im zeitlichen Kontext (1.440 min = 1 d, 1 w = 10.080 min) wiedergibt. Dabei ist zu beachten, dass die Netzlast mit ihren verhältnismäßig gut prognostizierbaren tageszeitlichen Schwankungen zwischen etwa 4.000 und 8.000 MW im wesentlichen aus drei Quellen gedeckt wird:
- einem konstanten Anteil in Höhe von ca. 2.500 MW aus Grundlastkraftwerken,
- einer stark schwankenden Windleistungseinspeisung von bis zu ungefähr 2.500 MW sowie
- der zum Teil vom Netzregler gesteuerten Leistung aus thermischen Mittellast- und Regelkraftwerken, deren zusätzlich notwendige Einspeisung sich bei Windstille demnach aus der Differenz zwischen Netzlast und Grunderzeugung ergibt.
Die verschiedenen Intervalle mit ausgeprägten Bedarfsfehlanpassungen der Windleistung sind dabei durch (drei) gelbe Flächen markiert. So wurde beispielsweise in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (in der Graphik der mittlere gekennzeichnete Bereich) bei einem vergleichsweise schwach belasteten Netz besonders viel Leistung durch Windkraftnutzung eingespeist, während sich für den Samstagabend (in der Darstellung der rechte markierte Bereich) demgegenüber ein umgekehrtes Bild ergab.
Die oben erwähnten Regelkraftwerke müssen in der Folge derartige auftretende Schwankungen zusätzlich zu den Änderungen der Netzlast ausgleichen, wobei die vorhandenen Prognoseverfahren, die die Leistung bis zu einem Tag im voraus antizipieren können, für die Windleistung gravierende Abweichungen von bis zu 1.400 MW ermittelten, was entsprechend der oben genannten Stichpunkte bezüglich der Lastdeckung einem Anteil von etwa 56% an der maximal erreichten Windenergieeinspeisung entspricht.
Im Beispiel in Minute 5.250, also im Verlauf des Donnerstags, errechnet sich eine Netzlast in Höhe von 1.050 GWh aus 420 GWh Grundlasterzeugung, 150 GWh durch Windleistung und 480 GWh aus Systemdienstleistungen.
Quelle: „Problematische Energiespeicherung: Netzeinspeisung aus regenerativen Quellen“, in: ew Elektrizitätswirtschaft, Jg. 101, Heft 4, 2002, S. 36 – 40